Im Januar 2012 waren Twitter und Blogs von New Yorkern überfüllt mit zornigen Posts über eine sehr eigenartige Situation: Eine Aufführung der bekannten New Yorker Philharmoniker wurde wegen eines klingelnden Mobiltelefons unterbrochen. In den letzten Minuten von Gustav Mahlers emotionaler Neunter Sinfonie, als die Musik besonders zart und leise war, ging in der ersten Reihe ein Handy los. Diese ungeheuerliche Störung brachte Alan Gilbert, Chef-Dirigent mit jahrelanger Erfahrung, aus dem Takt und er stoppte die ebenfalls völlig verblüfften Musiker. Die berühmte Halle schwieg, die Stille wurde nur vom beständigen Ton des Mobiltelefons unterbrochen. “Sind Sie fertig?” – fragte Alan. Keine Antwort folgte. “Na gut, wir warten dann eben.”
Also was sind die grundsätzlichen Benimmregeln, an die man sich auf einem klassischen Konzert unbedingt halten soll, um sich nicht in einer peinlichen Situation wieder zu finden? Die folgenden Tipps können sowohl geübten wie auch unerfahrenen Konzertgängern nützlich sein.
Soll ich mich im Voraus vorbereiten? Detailliert müssen Sie die Musikstücke vor dem Konzert natürlich nicht studieren. Vorkenntnisse schaden aber auch nicht. Normalerweise sollte man mindestens das Programmheft des Konzertes durchsehen, um einen Überblick zu haben: die Art der Aufführung, wie lange sie dauert und welche Stücke gespielt werden. Vergessen Sie auch die Zeit nicht – es ist sinnvoll, 20 Minuten vor Konzertbeginn zu erscheinen, um die Atmosphäre aufzunehmen, den richtigen Sitzplatz zu finden und im Programmheft herumzublättern. Da Konzerte rechtzeitig beginnen, müssen Sie bereits bei einer Minute Verspätung den ersten Satz draussen geniessen – der Platzanweiser lässt Sie nicht mehr in den Saal, denn das Betreten kann das Publikum stören.
Gibt es einen Dresscode? Es gibt keinen offiziellen Dresscode, ausser wenn er besonders festgelegt wurde. Ein klassisches Konzert ist aber ein recht besonderes Ereignis, deshalb gehört es zum guten Ton, die Alltagskleidung gegen etwas Festlicheres zu tauschen und auf Sportbekleidung und bunte Turnschuhe zu verzichten.
Wann kommt der Beifall? In der Regel werden Musiker und Dirigent mit Applaus begrüsst und am Ende der Aufführung bedankt sich das Publikum. Aber man muss vorsichtig sein mit den langen Pausen, die zwischen den einzelnen Sätzen entstehen. Im Gegensatz zu Pop- oder Jazzkonzerten, wo Musik und Klatschen perfekt mit einander auskommen, kann ungelegener Beifall auf Klassikkonzerten das Orchester stören. Also beobachten Sie den Dirigenten aufmerksam – zwischen den Sätzen senkt er seine Hände nicht, sondern hält sie bewegungslos hoch. Das ist ein sehr deutlicher Hinweis, den Applaus noch zurückzuhalten. Das Programmheft hilft auch, sich besser zurechtzufinden.
Was tun bei Husten? Ab und zu hat jeder Mensch einen Drang zu Husten. Aber bei der ausgezeichneten Akustik moderner Konzerthallen kann Husten wie Donnergrollen wirken, besonders wenn die Musik eher ruhig ist. Also wie kann man ihn loswerden? Interessanterweise ist es tatsächlich so, dass man, je weniger man daran denkt, auch umso weniger den Reiz verspürt. Vorsorglich können Sie ein bisschen Wasser trinken oder ein paar Hustenbonbons lutschen (manchmal werden sie kostenlos im Foyer angeboten). Bei einer starken Hustenattacke während der Aufführung ist es vielleicht das Allerbeste, den Saal möglichst rechtzeitig und geräuschlos zu verlassen.
„Ich brauche mein Handy!” Sie müssen verstehen, dass ein klassisches Konzert ein besonderes Erlebnis ist, eigentlich ist es eine andere Welt, und man sollte sich völlig darin vertiefen, um es geniessen zu können. Deshalb überzeugen Sie Sie sich davon, dass alle Ihre Geräte nicht nur lautlos gestellt, sondern komplett ausgeschaltet sind. Kameras stören die Künstler und Musikfreunde, deshalb wird das Fotografieren nur im Vorraum erlaubt. Falls Sie auf Abruf arbeiten, können Sie Ihr Handy oder Ihren Pager dem Platzanweiser abgeben und notfalls werden Sie herausgebeten.
Sind Konzerte etwas für Kinder? Es ist ganz schwer für Jugendliche, ein übliches Klassik-Konzert ohne Bewegung zu ertragen: die Aufmerksamkeitsspanne ist zu lang aufrecht zu erhalten. Deswegen sind kleine Kinder gewöhnlich nicht erlaubt (das kann beim Ticketkauf überprüft werden). Wenn Sie aber Ihr Kind mit der Welt klassischer Musik möglichst früh bekannt machen möchten, können Sie mit etwas Einfachem anfangen, z.B. klassische Werke zu Hause anhören, Kinderkonzerte am Wochenende besuchen, und wenn das Kind erwachsen wird, bringen Sie es zu einem traditionellen klassischen Konzert mit.
Wir hoffen, dass Sie diese Tipps nützlich finden und sie helfen Ihnen, jedes Konzert zu einem Genuss zu machen. Und als letzte Bemerkung: Falls Sie nicht sicher sind, wie Sie sich verhalten sollen, beobachten Sie die geübten Konzertbesucher und folgen Sie ihrem Vorbild. Viel Glück!