Das 19. Jahrhundert wird durch die Restauration von 1814/15 und dem Wiener Kongress, gefolgten von den Revolutionen von 1830 und 1848, und der langsam fortschreitenden Demokratisierung der Gesellschaft bestimmt. Es ist das Zeitalter der Industrialisierung, der Maschinen und Eisenbahnen, der Verstädterung und zunehmenden Verelendung, der Verlorenheit des Einzelnen in einer anonym werdenden Gesellschaft.
In der Musikgeschichte gilt es als das Jahrhundert der Romantik. Bereits im Werk von Beethoven lassen sich viele romantische Aspekte erkennen, er bleibt für das ganze 19. Jahrhundert eine prägende Gestalt. Die Romantik wächst aus der Tonsprache, den Gattungen, der Harmonik der Klassik heraus. Beide Epochen teilen ihre Verwurzelung in den Idealen der Humanismus und der Idee der Zweckfreiheit und Selbstgesetzlichkeit der Musik, deren einziges Ziel die Verkörperung reiner Menschlichkeit ist.
Allerdings zieht in der Romantik ein neues poetisches, metaphysisches Element in die Musik ein. Die Musik wird zur Religion stilisiert, die den Menschen in ihren Bann schlagen und überwältigen will, ihr wird eine übersinnliche Kraft mit subjektiver Innerlichkeit zu gesprochen. Es wächst die Schwärmerei für Mystik, Mythologie, Exotisches, Wunderbares, rauschhaftes Abenteuer, Not, Unglück, unvermeidliches Geschick. Die Abgründe der Seele werden poetisch-künsterlich erkundet, später auch wissenschaftlich untersucht. Es entwickelt sich ein vollkommen neues Verhältnis zur Natur, in ihr wird Erhabenheit und überwältigende, machtvolle Schönheit und Kraft gesehen, der Künstler versucht diesen Gefühlen und dem Genie der Natur Ausdruck zu verschaffen.
Die Vorliebe für Volkstum und Heldensagen ermöglicht die Entwicklung von eigenständigen, durch die jeweilige Volksmusik geprägten Musikstile in verschiedenen Ländern.
Das „Volkslied“ verlangt in der Romantik die Vorstellung der anonym erschaffenen Weise und Dichtung, das Kunstlied löst sich aber von der schlichten, volkstümlichen Strophe. Im durchkomponierten Lied mit gleichwertiger Klavierstimme strebt der Komponist eine enge Verbindung von Musik und Text an.
Seit Beethoven hat die Instrumentalmusik den Vorrang gegenüber der Vokalmusik. Das erweiterte, technisch verbesserte Instrumentarium ermöglicht neue Klangmischungen und gesteigerte dynamische Kontraste. Die Sinfonieform konzentriert sich in einer alle Sätze verbindenden Idee mit liedhaften Themen, das Sonatenschema wird gedehnt oder aufgelöst. Besonders in der Klaviermusik entwickeln sich neue Kleinformen: z. Bsp. Nocturnes, Lieder ohne Worte, Intermezzi, Impromptus. Das Klavierkonzert wird zur Sinfonie mit virtuosem Soloinstrument, in der Kammermusik herrscht das Streichquartett vor. Berlioz ist Schöpfer der Programmsinfonie, sie wird zur beispielhaften Form, geprägt von neuen Instrumentationseffekten, charakteristischen, leitmotivartigen Wendungen und einem meist dichterischem Programm. Wagner sucht von der Dichtung angeregt im „Gesamtkunstwerk“ Oper die Einheit der Künste. An die Stelle der Ouvertüre tritt das Vorspiel, ununterbrochen fliessend dient die Musik der Oper der dramatischen Handlung. Verdi wird auf eigenem Weg mit dem grossen Schwung der süditalienischen Melodie der Meister der italienischen Oper im 19. Jahrhundert. Von Paris aus gelangte die Operette als neue Gattung in die europäischen Metropolen. Die Kammermusik wird intensiv gepflegt.
Kunst und Musik werden getragen vom so genannten Bildungsbürgertum mit seinen sehr unterschiedlichen Ansprüchen und neben hohen Kunstwerken entsteht viel musikalischer Kitsch. Vervielfältigungsmethoden und Konsum verbreiten Instrumente und Noten wie nie zuvor, das technische Denken des Zeitalters der Industrialisierung spiegelt sich in der wachsenden Instrumentaltechnik.